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Nachwuchs: Die Zukunft der Augenoptik!

Auch in der Augenoptik-Branche wird der Fachkräftemangel größer. Damit Beratungsqualität, Kundenservice und schlussendlich unser Berufsstand überleben, muss sich etwas ändern – vor allem im Kopf vieler Augenoptiker.

„Übrigens, Herr Schnuchel, wenn Sie einen Augenoptiker wüssten, der einen neuen Job bei uns in der Region sucht, dann lassen Sie es mich gerne wissen!“ So oder so ähnlich enden viele Telefonate, die ich führe – und glauben Sie mir, es sind unglaublich viele.

Der Fachkräftemangel in der Augenoptik-Branche ist nun auch in den Regionen Deutschlands angekommen, die bisher noch ganz gut weggekommen sind. Fast möchte man glauben, dass wir Augenoptiker schon bald auf der roten Liste der bedrohten Arten stehen.

Vielleicht gibt es uns irgendwann nur noch im Zoo hinter Panzerglas zu sehen.

Spaß beiseite. Die Lage ist ernst. Denn die Zahlen sprechen keine gute Sprache. Laut ZVA-Branchenbericht haben gerade einmal annähernd 2.000 junge Menschen erfolgreich die Gesellenprüfung abgelegt. Bei ca. 3.300 Ausbildungsbetrieben, angesichts von rund 11.000 Fachgeschäften bildet damit nur knapp jeder 4. Optiker aktiv aus!

Zwar steigt die Zahl der Ausbildungsplätze seit 2014 leicht an, dennoch wird die Zahl der „frischen Augenoptiker“ nicht die Menge derer kompensieren, die sich in den Ruhestand verabschieden. Erschwerend hinzu kommt, dass gut 28 % aller Azubis in der Augenoptik ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen und eine unbekannte Zahl nach der Ausbildung andere Wege geht.

Was also muss passieren? Die Augenoptiker sagen, der ZVA müsse sich darum kümmern. Der ZVA gibt sich zwar allergrößte Mühe, wird das Problem als Berufsverband aber allein nicht lösen können. Denn viele Schulabgänger haben keine Lust auf Samstagsarbeit, Bröckeln und schlechte Bezahlung. Eine echte Zwickmühle!

 

Mit Bröckeln zerstören wir unsere Zukunft!

Apropos Bröckeln: Vor Kurzem habe ich bei einem Kunden zur Beratung gut 3 Stunden in dessen Geschäft verbracht – in direkter Sichtweite zu einem Praktikanten, der auf den ersten Blick einen sehr guten Eindruck machte.

Das Problem: Er saß da, in einem uralten weißen Kittel, gebeugt über den Mülleimer und versuchte verzweifelt, mit einer Bröckelzange ein mineralisches Brillenglas in Form zu bröckeln. Ganz ehrlich: Ich an seiner Stelle hätte spätestens nach einer Stunde das Handtuch geworfen und hätte meinen Berufswunsch noch einmal gründlich überdacht.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Wir sind Handwerker und natürlich müssen auch solche lieb gewonnenen „Traditionen“ unseres Berufes vermittelt werden – aber ist es bei einem Marktanteil von weniger als 5 % bei Silikatgläsern noch kriegsentscheidend, dass man Auszubildende nach ihrer Kompetenz im gezielten Kaputtmachen von Brillengläsern auswählt?

Ein Praktikant gehört meines Erachtens an den Schleifautomat, an den Netzhautscanner, an den Phoropter, an das Aberrometer und in den Verkaufsraum! Denn nur, wer die schönen, zukunftsorientierten Bereiche unseres Alltags zeigt, trägt aktiv dazu bei, unseren Beruf attraktiv nach außen darzustellen. Dieser eine Praktikant wurde jedenfalls nicht Augenoptiker. Kein Wunder!

Aber lassen Sie uns nicht zu viel Zeit mit Bröckeln verbringen, sondern überlegen, wie wir gemeinsam an der Zukunft der Augenoptik arbeiten können. Meiner Meinung nach liegt es oft am Mindset vieler Augenoptiker. Für immer mehr Kolleginnen und Kollegen ist Selbst-Ausbilden keine Alternative. „Das dürfen die anderen machen, ich greife dann einfach ab“, so die vermutete Denke vieler.

Oder auch häufig gehört, folgender Satz: „Ich will ja ausbilden, aber es bewirbt sich niemand bei mir!“. Und das mag tatsächlich so sein, denn bei den jungen Menschen stehen heute Influencer, „irgendwas mit Medien“ oder auch ein sicherer Job beim Staat ganz oben auf der Hitliste der Traumjobs – uneinholbar weit vor dem Augenoptiker.

 

Um diesen Negativ-Trend zu stoppen, müssen aus meiner Sicht jetzt 5 Dinge passieren:

1. Bereitschaft zur Ausbildung

Ohne die Bereitschaft, jungen Menschen unseren Beruf zu vermitteln wird es nicht gehen, denn schließlich sieht die duale Ausbildung in Deutschland vor, dass die Betriebe einen großen Teil der Ausbildung übernehmen. Und wenn Sie mich fragen: Wer generell nicht bereit ist, Augenoptiker auszubilden, darf sich später auch nicht wundern, wenn es keine Augenoptiker mehr gibt! In diesem Zusammenhang sollte man übrigens auch an die eigene Nachfolge denken – denn ohne Augenoptiker kein Unternehmensverkauf und ohne Unternehmensverkauf leider häufig auch keine gesicherte Altersvorsorge!

 

2. Ansprüche senken

18 Jahre sollte der oder die Bewerber*in schon alt sein, gut aussehen, gute Schulnoten bzw. bereits eine Ausbildung in der Tasche haben und dann auch noch rhetorisch brillieren ...

Ganz klar: Wenn das der Maßstab für Augenoptiker ist, dann wäre ich nie einer geworden. Denn ich habe mit 16 Jahren nicht eines dieser Merkmale erfüllt.

Ich möchte jetzt nicht sagen, dass man jeden nehmen muss, der montagmorgens im Laden steht, aber man sollte sich darüber im Klaren sein, dass es den Super-Azubi – zumindest in den allermeisten Fällen – nicht gibt. Aber es gibt viele Rohdiamanten, die sich mit etwas Engagement in einen echten Brillanten verwandeln können.

 

3. Praktika anbieten

Bieten Sie aktiv über Schulen oder das Arbeitsamt kostenlose Schülerpraktika an und zwar in allen Ferien mindestens eine Praktikumsstelle! Ist der Interessent im Haus, lassen Sie ihn (unter Aufsicht) alle Geräte ausprobieren und aktiv am Geschehen im Laden teilhaben.

Ihr Ziel sollte sein: Der Praktikant kann stolz berichten, dass er ein digitales Netzhautbild erstellt hat, Kontaktlinsen testen durfte oder einen Kunden mit einer gereinigten Brille glücklich gemacht hat. Getreu dem Motto: Bloß nicht nur Bröckeln!

 

4. Aktiv für einen Ausbildungsplatz werben

Statt auf seltene Initiativbewerbungen zu hoffen, sollten Sie aktiv zeigen, dass Sie ausbilden – im Schaufenster, via Straßenstopper, in den sozialen Netzwerken, auf Ihrer Homepage, auf Ausbildungsmessen usw. … Vielleicht werden Sie jetzt sagen: „Wann soll ich das noch alles machen?“ Fordern Sie unser GRATIS Azubi-Marketing-paket (S. 18) an und machen Sie den ersten Schritt. Denn Fachkräftemangel bedeutet nun mal, dass man sich selbst um „Nachwuchs“ kümmern muss!

 

5. Attraktive Arbeitsbedingungen

Seien wir ehrlich: Die Rahmenbedingungen in der Augenoptik sind nicht paradiesisch. Lange Arbeitszeiten inkl. Samstagsarbeit, magere Bezahlung während und nach der Ausbildung und dann sind da auch noch die Kunden ...

Ich habe sicher keine Patentlösung für perfekte Arbeitsbedingungen, aber ein freies Wochenende alle 3 – 4 Wochen, eine attraktive Freizeitregelung, Prämienmodelle (auch in der Ausbildung), ein Diensthandy oder ein Dienst-E-Bike wären ein paar Ideen, um die Pro-Liste für mögliche Azubis etwas aufzustocken.

 

„Irgendwas mit Medien“ beliebter als Augenoptiker

Übrigens: Selbst wenn Sie alles richtig machen, werden Sie feststellen, dass nicht aus allen Rohdiamanten Brillanten werden oder Sie verlieren so manchen Brillanten an eine andere Branche. Dennoch lautet die Devise: Nicht von negativen Erfahrungen entmutigen lassen. Aufstehen, Krone richten, weiter ausbilden!

Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, investieren Sie in Ihre und unsere gemeinsame Zukunft und lassen Sie sich weder von Rückschlägen noch von Kommentaren anderer davon abhalten, aktiv die nächste Generation Augenoptiker mit auszubilden. Ich möchte schließlich nicht mit Ihnen gemeinsam hinter Panzerglas im Zoo enden. 

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